Natura 2000

In einem aktuellen Video des Dachverbands Deutscher Naturparke (VDN) wird das europäische Schutzgebietsnetzwerk und ihr Zusammenhang mit den Naturparken anschaulich erklärt.

Lebensraumtyp Waldmeister-Buchenwald

Überblick

Natura 2000 ist die Bezeichnung für ein zusammenhängendes europaweites Netz von Schutzgebieten, in denen besondere Maßnahmen für die Erhaltung natürlicher Lebensräume und der in ihnen lebenden Tier- und Pflanzenarten und damit für die Bewahrung der biologischen Vielfalt ergriffen werden.

In Deutschland befindet sich ein Drittel der Landfläche von Natura 2000 Gebieten in den Naturparken.

 

Hintergrund

CBD

Mit Unterzeichnung der im Jahr 1992 auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro formulierten Konvention über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD) hat sich die Europäische Union völkerrechtlich bindend zur Erhaltung der Biodiversität – das heißt der Vielfalt der Ökosysteme, der Artenvielfalt und der genetischen Vielfalt innerhalb einzelner Arten – verpflichtet.

FFH-Richtlinie

Im selben Jahr wurde mit der Fauna-Flora-Habitat- oder kurz FFH-Richtlinie (der „Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen“) ein europaweit geltendes rechtliches Instrumentarium zum Schutz von Arten und Lebensräumen geschaffen. Ziel dieser Richtlinie ist es, die biologische Vielfalt auf dem Gebiet der Europäischen Union dauerhaft zu schützen und zu bewahren.

Die FFH-Richtlinie verpflichtet die EU-Mitgliedsstaaten, innerhalb eines vorgegebenen Zeitrahmens nach einheitlichen Kriterien besondere Schutzgebiete (Gebiete gemeinschaftlicher Bedeutung, GGBs) ausweisen und so ein zusammenhängendes europäisches ökologisches Netz zu schaffen, das der (Wieder-)Herstellung, Bewahrung und Entwicklung bestimmter Lebensräume und Arten dient. Einzelheiten hierzu sind in den Anhängen der FFH-Richtlie verankert:

Anhang I enthält eine Liste der natürlichen Lebensraumtypen von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen. Von den insgesamt 231 in Anhang I aufgeführten Lebensraumtypen kommen 91 in Deutschland und 60 in Schleswig-Holstein vor. Beispiele sind Lagunen und Steilküsten, Feucht- und Trockenheiden, Halbtrocken- und Borstgrasrasen, Lebende Hochmoore und Basenreiche Niedermoore, Waldmeister-Buchenwälder und Auenwälder.

Anhang II listet Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen. Dies sind Arten, die in Europa bedroht, potentiell bedroht, selten oder endemisch („nur hier vorkommend“) sind. Die Liste umfaßt insgesamt rund 900 Arten, von denen 137 in Deutschland und davon rund ein Drittel in Schleswig-Holstein vorkommen. Hierzu zählen zum Beispiel Kleine Bachmuschel (Unio crassus), Rotbauchunke (Bombina bombina), Fluß- (Lampetra fluviatilis), Bach- (Lampetra planeri) und Meerneunauge (Petromyzon marinus), Fischotter (Lutra lutra), Biber (Castor fiber) und Schweinswal (Phocaena phocaena) sowie die vier Pflanzenarten Kriechender Sumpfschirm (Helosciadium repens), Schwimmendes Froschkraut (Luronium natans), Schierlings-Pferdesaat (Oenanthe conioides) und Firnisglänzendes Sichelmoos (Hamatocaulis vernicosus).

Anhang III nennt Kriterien zur Auswahl der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung; hierbei spielt die Bedeutung des Gebietes für die in Anhang I aufgeführten Lebensraumtypen und für die in Anhang II aufgeführten Tier- und Pflanzenarten eine wesentliche Rolle.

Anhang IV führt solche Arten auf, für die europaweit ein striktes Schutzsystem einzurichten ist, das auch außerhalb der FFH-Gebietsgrenzen Gültigkeit besitzt. Beispiele sind Feldhamster (Cricetus cricetus), Wildkatze (Felis silvestris), Laubfrosch (Hyla arborea), Zauneidechse (Lacerta agilis) und Grüne Mosaikjungfer (Aeshna viridis). Viele der Anhang-IV-Arten sind zugleich auch in Anhang II enthalten.

Anhang V schließlich listet Tier- und Pflanzenarten auf, deren Entnahme aus der Natur von den EU-Mitgliedsstaaten zu reglementieren ist. Hierunter fallen zum Beispiel Nutz- und Heilpflanzen wie Berg-Wohlverleih (Arnica montana) und Gelber Enzian (Gentiana lutea) sowie Arten, die traditionell auf dem Speiseplan des Menschen stehen, wie etwa der Edelkrebs (Astacus astacus) und die Weinbergschnecke (Helix pomatia).

Vogelschutzrichtlinie

Mit der Vogelschutzrichtlinie („Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten“) haben sich die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, die Lebensräume (bestimmter) wildlebender Vogelarten zu erhalten, wiederherzustellen bzw. zu schaffen. Die Richtlinie sieht hierzu u. a. die Ausweisung von Vogelschutzgebieten (Special Protection Areas, SPA) vor.

Schutzgebietsnetz Natura 2000

Natura 2000 vereint die FFH-Gebiete und die Vogelschutzgebiete in sich. Das dadurch gebildete ökologische Netz umfaßt europaweit 27.221 Schutzgebiete mit einer Gesamtgröße von über 1 Mio km2 umfassen:

  Anzahl der Natura-2000-Gebiete Gesamtfläche / km2 Terrestrische Fläche / km2 Anteil an der Landfläche
Europa 27.221 1.035.883 788.864 18,16 %
Deutschland 5.264 80.753 55.244 15,47 %
Schleswig-Holstein 311 9.207 1.562 9,9 %

Natura 2000 hat im Sinne der beiden ihm zugrundeliegenden europäischen Richtlinien zum Ziel, wildlebende Arten und deren Lebensräume zu sichern und zu schützen. Mit der Vernetzung wird der Erkenntnis Rechnung getragen, daß die nachhaltige Bewahrung der Biologischen Vielfalt nur durch ein System miteinander verbundener Schutzgebiete erreicht werden kann. Durch den Verbund der Habitate werden natürliche Ausbreitungs- und Wiederbesiedlungsprozesse sowie ökologische Wechselbeziehungen gefördert.

Gebietsmanagement

Um die vom Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Ländliche Räume vorgegebenen gebietsspezifischen Erhaltungsziele zu erreichen, bedarf es eines individuell abgestimmten Gebietsmanagementes. Dieses umfaßt

  • die Erstellung eines Managementplanes, in dem die zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Schutzobjekte (Lebensraumtypen und Arten) notwendigen Maßnahmen festgelegt werden,
  • die Umsetzung der Maßnahmen in Absprache und Kooperation mit den Flächeneigentümern und
  • ein Monitoring, das die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen erfaßt und gegebenenfalls Nachsteuerungsbedarf aufzeigt.

In Schleswig-Holstein erfolgt die Erstellung der Managementpläne vorwiegend durch die Projektgruppe Natura 2000 des Landesamtes für Natur, Umwelt und Ländliche Räume (LLUR); in einigen Natura-2000-Gebieten haben die Stiftung Naturschutz, die Bundeswehr oder beauftragte Dritte diese Aufgabe übernommen. Für etwa ein Fünftel aller Gebiete sind eigens hierfür Lokale Aktionen ins Leben gerufen worden.

Weitere Informationen

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Bundesweit

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