Naturraum
Landschaftsrelief des Weichselglazials
Der Naturpark Westensee befindet sich zum größten Teil im Gebiet des Schleswig-Holsteinischen Hügellandes. Der Westen zählt naturräumlich zur Vorgeest.
Das Landschaftsrelief ist im Verlauf der letzten Eiszeit, der Weichselkaltzeit, die vor rund 11.000 Jahren endete, entstanden. Die Vorwärtsbewegungen der Gletscher sowie das (auch zwischenzeitliche) Abtauen der Gletscher formten unsere Jungmoränenlandschaft mit Grund- und Endmoränen.
Mit dem Abklingen der Kaltzeit begann die bis heute andauernden Warmzeit. Auf den nährstoffreichen Ablagerungen siedelten sich pflanzliche Pioniergesellschaften an. Die Tundrenvegetation aus Flechten, Moosen und kälteharten, flachwurzelnden Pflanzen veränderte sich durch Sukzession über Birke und Hasel zu schließlich zu Mischwäldern. Mit den Pflanzen kamen die Tiere und im Laufe der Jahrtausende entstanden in Wechselwirkung mit den Elementen einige der bundesweit fruchtbarsten Bodengesellschaften, die die Grundlage für die erfolgreiche Landwirtschaft bildeten.
Neben trockenen Standorten auf Hügeln und an Hängen von Endmoränen und Sedimentablagerungen wurde das Gebiet infolge des Abtauens gewaltiger Gletschereismassen stark durch Gwässer und Feuchtgebiete geprägt.
Charakteristisch für diesen Naturraum sind daher ebenso Zungenbeckenseen, Toteislöcher und Abflussbecken.
Die Vielzahl der unterschiedlichen Geländeformen und Bodentypen lässt sich trotz der drastischen Überprägung durch das Wirtschaften des Menschen auch heute noch entdecken.
Historisch alte Wälder
Ein besonderer Teilbereich des Naturpark Westensee ist namensgebend das „Westensee-Endmoränengebiet“.
Hier sind insbesondere südöstlich und westlich des Westensee in großräumiger historisch alte Waldlandschaften erhalten geblieben. Das heißt, dass es sich um Waldbestände handelt, die bereits seit über zwei Jahrhunderten durchgehend bewaldet sind.
Das Naturschutzgebiet (NSG) “Ahrensee & nordöstlicher Westensee” mit dem Wald zwischen Schierensee und Wrohe, aber auch das Gebiet um den Bollhuser Teich Richtung Blumenthal sind wertvolle Relikte, deren Wert durch die Ausweisung des Naturparks Westensee hervorgehoben wird.
Viele dieser wertvollen Altstandorte sind im Besitz der Güter, z.B. Marutendorf, Schierensee, Deutsch-Nienhof und Emkendorf.
Auch der Waldlehrpfad Am Scheidekrug in Blumenthal verläuft durch einen entsprechend alten Waldabschnitt.
Der Einfluss auf das Lokalklima macht sich südlich des Westensee zwischen dem NSG Ahrensee & nordöstlicher Westensee und dem NSG Methorstteich & Rümlandteich deutlich bemerkbar.
Auffällig ist zudem die anscheinend größere Resilienz dieser Waldbestände gegenüber dem Klimawandel mit zunehmend ausbleibenden Niederschlägen, stärkerem Wind. Krankheiten und Parasitenbefall sind hier deutlich weniger relevant als im Umland.
Waldmoore
Vor den großangelegten Maßnahmen zur Nutzung und Urbarmachung der Moore handelte es sich bei rund 11 % der Landfläche Schleswig-Holsteins um Moorstandorte. Neben größeren, zusammenhängenden Flächen, die folgend als Nieder- und Hochmoore noch beschrieben werden, gab es auch sehr viele kleine moorige Bereiche, die sich insbesondere in Senken und Toteislöchern entwickeln konnten. Die Ausbildung von Mooren wird dabei durch die geographische Lage Schleswig-Holsteins in Meernähe allgemein sowie speziell durch den Westwinddrift gefördert, sodass auch das Binnenland in der Regel häufig mit Atlantikniederschlägen versorgt wird.
In Senken und Toteislöchern entwickelten sich z.B. grundwassergespeiste Kesselmoore ode Verlandungsmoore. Sie sind kleinflächig auch in heutigen Wäldern zu finden und kennzeichnen oft Standorte, die für die landwirtschaftliche Nutzung weniger attraktiv waren.
Durch die ständige Wasserübersättigung und den damit einhergehenden Sauerstoffabschluss wird das organische Material in Mooren nicht vollständig abgebaut, sondern angelagert. Moorböden bestehen zu mind. 30 % aus organischen Substanzen. Darin werden seit Jahrtausende Gase und Stoffe gebunden wie CO2 und CH4. Bei Entwässerung, Torfabbau und Bodenzerfall (Vermullung) durch Sauerstoffeintritt nach (landwirtschaftlicher) Nutzung werden sie freigesetzt und tragen zum Klimawandel bei.
Die Torfmoose (Sphagnum), die den Torf bilden, können das 30-fache ihres Trockengewichts an Wasser aufnehmen (Wasserspeicher, Klimapuffer) und wachsen jährlich nur ca. 1 mm.
Zerstörte Moore brauchen sehr lange zur Regeneration!
Niedermoore und Feuchtgrünland
Als Niedermoore werden grob die Moore klassifiziert, die durch eine Überversorgung mit Grundwasser entstehen. Darunter fallen z.B. Durchströmungsmoore wie das im Osten des Naturparks liegende Eidertal. Die Eider verläuft hier in einer subglaziale Rinne zwischen Kiel und Einfeld. Ihre z. T. steilen Uferzonen bieten Lebensräume für den Eisvogel. Das Eidertal wurde für ein landesweites Modellprojekt zur Wiedervernässung ausgewählt und bietet entlang des beliebten Eidertalwanderwegs zwischen Bordesholm und Schulensee viele interessante Eindrücke zur historischen Nutzung, Kiesabbau sowie zu besonderen Tier- und Pflanzenarten der Niedermoorniederung. Das Durchströmungsmoor wird durch zahlreiche Quellen an den Hängen zusätzlich mit Wasser versorgt. Auch Quell- und Hangmoore werden durch das Grundwasser gespeist.
Artenreiche Feuchtwiesen und Feuchtgrünlandflächen sind ebenfalls die Ausnahme geworden. In den Mahdflächen zur Heugewinnung dominieren auch hier mittlerweile oft artenarme Weidelgrasbestände. Zur Nutzenoptimierung werden Flächen entwässert und gedüngt. Für viele Wildkräuter und die daran lebenden Insekten ist das problematisch.
Eine generelle Verringerung der Düngung sowie Randstreifen als Pufferzonen zu wertvollen Lebensräumen und vor allem Feuchtgebieten sind zu ergreifende Maßnahmen auch hinsichtlich des Trinkwasserschutzes.
Hochmoore
Hochmoore entstehen über sehr lange Zeiträume, wenn sich durch das Torfwachstum so viel Material angesammelt hat, dass das Moor aus dem grundwasserbeeinflussten Bereich herauswächst. Hochmoore werden daher über den Niederschlag, also ombrogen, mit ausreichend bzw. überschüssigem Wasser versorgt.
Das Große Moor zwischen Dätgen, Schülp und Loop umfasst ca. 500 ha und wird seit einigen Jahren modulartig wiedervernässt. Hier wurde bis 2007 kommerziell Torf abgebaut. Die 1959 dabei gefundene Moorleiche kann man im Gottorfer Museum besichtigen. Es handelt sich um einen ca. 30-jährigen Mann der Sueben, der zwischen 135 und 385 n. Chr. mehrfach getötet und in einer wassergefüllten Schlenke abgelegt worden war.
Wenden Sie sich für Führungen gerne an unsere Geschäftsstelle.
Das Dosenmoor liegt im Erweiterungsgebiet des Naturparks und ist ein sehr bekanntes und umweltbildungsmäßig gut aufgearbeitetes Hochmoor. Es steht bereits seit 1981 unter Naturschutz.
Wollgräser, Pfeifengräser und Sonnentau sind typische Pflanzen in Hochmooren. Auch Moosbeeren und Heidearten kommen hier vor.
Für Kraniche bietet die weiten und feuchten Flächen ausreichend Schutz und Ruhe vor Störungen. Ebenso lassen sich Moorfrösche und Schlingnattern entdecken.
Gletscherablagerungen und Trockenrasen
Im Südosten des Naturpark Westensee und seinem Erweiterungsgebiet der Oberen Eider sind große Sand- bzw- Schotterflächen, die einstigen Schmelzwassersande der Gletscher zu finden.
Heute können sie auch nach der Auskiesung wertvolle Flächen für den Erhalt darstellen, weil sie in der ansonsten stark nährstoffreichen, überdüngten Landschaft Ausnahmen darstellen, auf die ursprünglich eine Vielzahlt von Arten angewiesen war. Das Verhältnis von Ausnahme und Regel hat sich bezogen auf die Nährstoffverfügbarkeit mittlerweile umgekehrt. Artenverluste auf der einen Seite und Zunahme von Stickstoffanzeigern wie Brennnessel auf der anderen Seite sowie die zunehmende Belastung der Gewässer und Probleme mit der Unbedenklichkeit unseres Grundwassers sind die Folge.
Magere Standorte und Böden sind mittlerweile eine Rarität und hinsichtlich der Vielfalt an Kräutern und Insekten besonders wertvoll.
Gewässer
Fließgewässer wie die Eider sind wichtig für wandernde Arten. – Leider gibt es noch immer keinen Durchlass zwischen dem Nord-Ostsee-Kanal und der Eider.
Zahlreiche Seen im Naturpark bieten Lebensraum, Nahrungsquelle und Fortpflanzungszonen für Vögel, Reptilien und Amphibien.
Biotopverbund
Knicks
Weitgehend unabhängig vom eiszeitlichen Landschaftsrelief ist der Biotopverbund zwischen den Rückzugsgebieten der Arten und Einständen von entscheidender Bedeutung.
Eine ganz zentrale Rolle spielte dabei die Landreform ab 1766, nach der die Verkoppelung (Einteilung des Landes in Koppelschläge) umgesetzt wurde. Entstanden sind dabei Schleswig-Holsteins markante Wallhecken, die hier aufgrund des alle 10-15-jährigen auf den Stock setzens/Knicken vornehmlich Knicks genannt werden.
Heute, gute 250 Jahre nach Beginn der Verkoppelung haben wir von ursprünlglich ca. 80.000 km noch rund 46.000 km Knicks im ganzen Land. Nachdem im Zuge von Flurbereinigungsmaßnahmen viele Knicks eingeebnet wurden, sind sie mittlerweile unter Schutz gestellt.
Dienten die Knicks früher in erster Linie der Einhegung von Weidevieh sowie der Brennholzgewinnung, so sind sie heute wichtige Strukturelemente für den Erhalt der Artenvielfalt in der intensiv genutzten Landschaft mit zunehmend größeren Feldschlägen. Laut dem Schleswig-Holsteinischen Heimatbund bietet der Knick Lebenraum für rund 7.000 verschiedene Tierarten, darunter Vögel, Säuger, Amphibien und Reptilien und natürlich Insekten.
Je nach Artenzusammensetzung gibt es da dornigere und weniger undurchdringliche Knicks, viele Sträucher mit Früchten wie Schlehen und Hagebutten oder Haselnüssen.
Zusätzlich bieten sie für uns Menschen einen weiteren Wert durch ihre Funktion als Windschutz im Land zwischen den Meeren. Die Anfälligkeit für Erosionsereignisse wird so gemindert, die z.T. den Straßenverkehr gefährden könnten.
In Zeiten des Klimawandels wird vermehrt und up-to-date auf die wichtigen Funktionen dieser carbon hedges hingewiesen, denn neben zunehmenden Winden spielt auch der ausbleibende Niederschlag eine zunehmende Rolle vor allem im Frühjahr und Sommer. Die Funktionen von Wasserspeicher und Kühlung durch Evapotranspiration der Büsche und Überhälter fallen da ins Gewicht.
Streuobstwiesen und Schulwälder
Als Puffer- und Übergangszonen sind neben Knicks auch größere Gemeindeflächen von Bedeutung, die z. B. als Schulwald genutzt wurden, werden oder werden sollen. Brachen und andere eingriffberuhigte Bereiche sind auch interessant.
Auch Streuobstwiesen, ob privat oder öffentlich, ergänzen und bereichern sie die Artenvielfalt im Naturpark um ein Vielfaches.